Faktencheck zum Exe-Radweg

Nachdem der Finanzausschuss den Beschluss zum Ausbau des Radweges entlang der Exe aufgrund von Kostensteigerungen an den SUPA zurückverwiesen hatte, besteht jetzt die Chance, ein maßgebliches Projekt zur Förderung des Radverkehrs voranzubringen.

Die klare Sprache der Wahlprogramme


Ein Blick in die Wahlprogramme der diesjährigen Kommunalwahl offenbart, dass sich fast alle Parteien explizit für die Förderung des Radverkehrs aussprechen. Also warum die Vorbehalte?
BüSoS: „Dabei sollten Fahrrad- und Spielstraßen, Radwegebau sowie die Einrichtung von Einbahnstraßen bei allen Straßenbauprojekten eine hohe Priorität in der Verkehrsplanung haben.“
CDU: „Der von der CDU Flensburg mit entwickelte und begleitete „Masterplan Mobilität“ hat Ziele aufgezeigt, die uns weit über 2028 begleiten werden und für deren Umsetzung wir weiterarbeiten. Diese Ziele beinhalten selbstverständlich auch PKW und Fahrradverkehr, die beide nicht zu kurz kommen dürfen [...]“.
FDP: „Ausbau und Instandsetzung von Radinfrastruktur und eine damit einhergehende bessere verkehrliche Vernetzung aller Stadtteile“.
Grüne: „Wir setzen uns dabei für eine intuitive, durchgängige und barrierefreie Wegeführung mit komfortabler Ampelschaltung für Fußgänger*innen und Radfahrende ein".
Linke: „Um unser Ziel von sauberer Luft und leiseren Straßen zu erreichen, setzen wir weiterhin auf die Stärkung des Umweltverbundes. Das bedeutet vor allem Kampf um eine auskömmliche Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs, Ausbau von Fahrradwegen und endlich eine Verbesserung der Fuß- und Radwege".
SPD: „Um diese Gleichberechtigung zu erreichen, müssen in den kommenden Jahren der Rad- und Fußverkehr sowie die Bereitstellung von Flächen für den Busverkehr Priorität haben".
SSW: „Wir wollen: Dass Fahrradwege ausgebaut und vorhandene Radwege instandgesetzt werden.
Wir wollen ein modernes Radverkehrskonzept nach niederländischem Vorbild, bei dem die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer absolute Priorität hat":

„Der Radweg ist zu teuer“
Auf den ersten Blick scheint der Radweg sehr teuer, doch dies täuscht. Ein Vergleich des Quadratmeterpreises mit aktuellen Radweg-Projekten offenbart, dass sein Preis durchaus gängig ist. Zu beachten ist dabei auch, dass sich die Kosten des „Exe-Radwegs“ zusammensetzen aus den Kosten eines Radwegs, eines Fußwegs sowie mehrere Bushaltestellen! Der reine Radweg ist also noch deutlich günstiger.


Was? Rad/Fussweg Rad/Fussweg
Wo? Parallel zur Exe Verbindung Eckenförder Landstr. / Schleswiger Str.
Fläche 10.000 m² 2.580 m²
Kosten 3,9 Mio EUR 1,373 Mio EUR
Kosten/Fläche 390 EUR/m² 532 EUR/m²

„Das Geld ist an anderer Stelle besser investiert“
Mit dem Veloroutenplan des Masterplan Mobilität beschloss die Politik 2018, dass Flensburg ein Netz aus gut ausgebauten Fahrradwegen entlang der Hauptverkehrsachsen durchziehen soll. Durch diese eigenständige Infrastruktur soll die Zahl der Radfahrenden weiter erhöht werden.
Zugegeben, Flensburg hat viele Stellen im Radverkehrsnetz, die dringend einer Überarbeitung bedürfen, doch dieser Abschnitt entlang der Straße zur Exe stellt einen Lückenschluss in der Veloroute 3 dar. Vor und hinter dem Abschnitt gibt es getrennte Rad/Fusswege und nur dieser Abschnitt besteht aus einem zu schmalen, kombinierten Zwei-Richtungs-Rad/Fußweg. Er erfüllt nicht im Geringsten die Ansprüche an eine
Veloroute (zügige Fahrweise von 20-25 km/h, hohes Verkehrsaufkommen). Insofern macht die Wahl des Abschnitts Sinn.
Bisher wurden nach Aussage der Verkehrsplanung ca. 260.000 EUR netto für Planung und Genehmigungen investiert. Dazu kommen geschätzt 60 Arbeitstage (drei Monate) der maßgeblich involvierten Planer sowie geschätzt 60 Arbeitstage der Verwaltung. Zwei Jahre Planung sind bisher in das Projekt geflossen. Die Überlegung, ob dieser Abschnitt ausgebaut wird, hätte vor der Entscheidung dazu geschehen sollen.
Vergleichbare Projekte würden auch vergleichbaren Aufwand erfordern und wieder für mindestens 2 Jahre Stillstand sorgen.


„Der aktuelle Weg reicht aus“
Der aktuelle Radweg ist stadtauswärts ein kombinierter Rad/Fußweg von minimal 1,4 m Breite, der teilweise in beiden Richtungen befahren werden darf: Damit reicht er bei weitem nicht an die Anforderungen einer Veloroute heran (zügige Fahrweise von 20-25 km/h, hohes Verkehrsaufkommen). Jede Begegnung mit anderen Radfahrenden oder Fußgängern erfordert ein Abbremsen auf Schrittgeschwindigkeit.
Vor allem zu Stoßzeiten wird der Weg stark von Fahrradpendlern genutzt und von Schülern der angrenzenden Schulen (Eckener, Hannah-Arendt, Gemeinschaftsschule West). Interaktionen und Konflikte sind damit sehr häufig.
Nach Aussage der Verkehrsplanung (Hochrechnung einer Zählung vom August 2021) sind aktuell pro Richtung etwa 550 Radfahrende und 670 Fußgänger unterwegs und die Zahlen der Radfahrenden steigen.
Ein zügiges Befahren des Wegs im jetzigen Zustand ist somit nicht möglich. Die Situation entspräche einer einspurigen Straße, auf der etwa gleichviele Autos wie Traktoren fahren. Niemand würde behaupten, dass dies für eine Schnellstraße ausreichend ist.

„Der Radweg ist ein Prestigeprojekt“
Der geplante Radweg erfüllt in allen Belangen lediglich die Mindestanforderungen der entsprechenden Richtlinien (ERA) und gehört zur Veloroute 3. Von einem Prestigeprojekt ist er somit weit entfernt.


„Es wird zuviel Boden versiegelt“
Natürlich bedeutet ein breiterer Rad/Fußweg auch mehr Versiegelung, doch das Hauptproblem der Bodenversiegelung wird dadurch nicht verstärkt: Die Abfuhr des Regenwassers. Die jetzige Kostensteigerung kommt vor allem durch eine aufwändige Versickerungsanlage. Wasser auf dem Rad/Fußweg wird somit
nicht durch die Kanalisation abgeführt, sondern versickert weiterhin an Ort und Stelle im Erdreich.
Zum Vergleich: Der Rad- und Fußweg hat inklusiv der Bushaltestellen etwa eine Fläche von 10.000 m². Die Rasenfläche des Flensburger Stadions hat etwa eine Fläche von 7.000 m². Aufgrund der geplanten Umstellung auf Kunstrasen wird zukünftig auch diese Fläche als versiegelt betrachtet.
Der Bereich um den jetzigen Rad/Fußweg stellt auch kein wertvolles Biotop darf, so dass eine zusätzliche Bodenversiegelung durch die größere Breite auch diesbezüglich nicht schwer wiegt.


„Es müssen 23 Bäume gefällt werden“
Natürlich sollten Bäume nie leichtfällig gefällt werden, doch die untere Naturschutzbehörde hat dem zugestimmt. Kühl und rein rechnerisch betrachtet, ist die CO2-Bilanz durch Menschen die aufgrund besserer Radinfrastruktur vom Auto auf das Fahrrad umsteigen deutlich besser, da Bäume vergleichsweise wenig CO2
binden. Dazu folgendes Rechenbeispiel:
Im Mittel bindet ein Baum knapp 25 kg CO2 pro Jahr, also 68 g pro Tag. Bei 23 Bäumen werden also etwa 1,5 kg CO2 pro Tag gebunden.
1,5 kg CO2 entstehen bei der Verbrennung von 0,6 l Benzin.
Bei einem angenommenen, innerstädtischen Verbrauch von 6 l/100 km entspricht dies einer Distanz von 10 km, also bei einem Pendler einer Fahrstrecke pro Richtung von 5 km.
Nach der Mobilitätsbefragung 2021 ist dies die Distanz, bis zu der der Radverkehrsanteil gleich hoch ist wie
der des Autos. Steigt durch den Radweg nur ein einzelner Mensch vom Auto auf das Fahrrad um, so ist die CO2-Bilanz ausgeglichen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es mehr Menschen tun ist hoch, so dass in der Gesamtbilanz
CO2 eingespart wird.


Nächste Schritte
Wir hoffen, dass die Politik einer Umsetzung des Projekts zustimmt. Ein Mitglied des ADFC Flensburg hat inzwischen Widerspruch gegen die Radwegebenutzungspflicht entlang der Straße zur Exe eingereicht, da der Radweg völlig unzureichend ist. Fällt die Prüfung positiv aus, wird dies zur Folge haben, dass es Radfahrenden freigestellt wird, auf der Straße zu fahren. Die daraus resultierende Situation wäre für alle Ver-
kehrsteilnehmer unbefriedigend.
Bei negativem Prüfergebnis wäre eine sogenannte Verpflichtungsklage möglich, über die die Stadt gezwungen wird Abhilfe zu schaffen. Angesichts des aktuell kombinierten Rad/Fußwegs ist die Aussicht auf Erfolg relativ hoch.


Wir hoffen deshalb darauf, dass die Politik die sich bietende Chance erkennt und es mit Flensburgs Fahrradinfrastruktur voran geht


https://flensburg.adfc.de/neuigkeit/faktencheck-zum-exe-radweg

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