Faktencheck Beschlussvorlage zur Mürwiker Straße

Am 19.3.24 wird im SUPA über die Vorlage von CDU, FDP und SSW zur Prüfung des Rückbaus der Maßnahmen an der Mürwiker Straße (Tunnelausgang bis Osterallee) abgestimmt. Dazu unser Faktencheck der Beschlussvorlage:

1. Mehrbelastung

Zitat Vorlage: „Die Einrichtung der Fahrradspur zwischen dem Ausgang Tunnel Kielseng bis zum Kreuzungsbereich Osterallee führt teilweise zu erheblichen Behinderungen und Mehrbelastung des Straßenverkehrs im besagten Bereich.“

Dies ist inhaltlich nicht korrekt. Die Belastung des Bereichs (Autos/Zeit) wird vermutlich eher sinken, da Autofahrende die Situation antizipieren und alternative Strecken wählen. Dies ist eins der Ziele des Masterplan Mobilität und gehört zu den sogenannten Push-Maßnahmen. Dabei wird der Verkehr durch die Stadt ausgebremst, wodurch sich vor allem Transitverkehr auf die Umgehung verschiebt. Weniger Verkehr im Zentrum ist die Folge.

Zum wahren Einfluss des Staus auf die Fahrzeiten der Autofahrenden liegen dagegen keine Daten vor. Wir empfehlen daher, die geplante Evaluierung der Situation durch ein externes Ingenieurbüro abzuwarten.

2. Stau

Zitat Vorlage: „Gerade in den Spitzenverkehrszeiten kommt es durch den Wegfall von zwei Fahrspuren zu massiver Staubildung in beide Fahrtrichtungen.“

Die Verdoppelung der Staulänge bei Halbierung Spurzahl ist keine Überraschung, doch die wesentliche Frage ist: Wie stark erhöht sich dadurch die Fahrzeit? Staus zu Spitzenzeiten sind keine Besonderheit, doch Straßenkapazitäten müssen nicht darauf ausgelegt sein, das Spitzenaufkommen staufrei zu bewältigen.

3. Beschwerden

Zitat Vorlage: „Beschwerden, insbesondere von Anwohner der Mürwikerstraße an die Ratsfraktionen und die Stadtverwaltung über zugenommenen Verkehrslärm und erhöhten Abgasbelästigungen, liegen seit 2023 vor.“

Der Umgang mit sogenannten „Beschwerden aus der Bevölkerung“ ist problematisch, da sie quantitativ keine Aussagekraft haben. Die beste Referenz war vermutlich das Treffen des Stadtteilforums Mürwik am 7.3. Dort wurde die Maßnahme durch Elèn Helas von der Flensburger Verkehrsplanung erklärt und das Echo der breiten Mehrheit der Anwesenden war positiv. Viele Anwohner, die die Stelle mit dem Fahrrad passieren bedankten sich und waren in ihrer Meinung glasklar: Sie ist nicht optimal, doch sie bildete für den Radverkehr eine Verbesserung.

Deutlich ist auch die Petition des Flensburger Bündnis für die Mobilitätswende, welche kurzfristig (seit 16.3.) eingerichtet wurde und beim Schreiben dieses Artikels schon 241 Unterschriften sammeln konnte. Sie zeigt deutlich, dass die Maßnahme auf positive Resonanz stößt. Also welche Aussagen sind schwerwiegender?

4. Gefährliche Situationen

Zitat Vorlage: „Es kommt zu gefährlichen Situationen im Rahmen des Multifunktionsstreifen, (Bus/Radverkehr) Linienbusse müssen sich vom rechten Fahrstreifen wieder in die Fahrspur einfädeln, hierbei ist es zu Beinaheunfällen gekommen.“

Das Einfädeln eines Busses in den Verkehrsstrom findet auf Flensburgs Straßen tagtäglich völlig problemlos statt. Hier sollte die Aussage der Polizei gelten, denn „Beinaheunfälle“ aus Laiensicht sind nicht belastbar.

5. Nutzung durch Radfahrende

Zitat Vorlage: „Die Fahrradspur wird nur zum geringen Teil von Radfahrenden angenommen, der überwiegende Teil nutzt den Radweg im Rahmen der bereits bestehenden Infrastruktur.“

Diese Aussage unterliegt einem Laieneindruck und hat vermutlich mit der Realität wenig zu tun. Wir verweisen wieder auf die geplante Evaluierung durch ein externes Ingenieurbüro. Unser Eindruck war bisher, dass Radfahrende die Spur auf der Straße gerne nutzen, da sie nicht auf dem Gehweg fahren dürfen und da die Oberfläche des alten Radwegs unzureichend ist.

6. Gefährdung der Zweiradfahrenden

Zitat Vorlage: „Die Begründung für eine Rücknahme der Maßnahme liegt hier eindeutig im Rahmen des nicht unerheblichen Gefährdungspotentiales für die Zweiradfahrer.“

Dies ist falsch. Es gibt eindeutige Richtlinien zur Gestaltung von Rad- und Gehwegen und diesen widerspricht die bisherige Gestaltung. Deshalb ist der vermeintliche Radweg entlang der Mürwiker Straße nicht benutzungspflichtig und inzwischen zum Schutz der Fußgänger auch nicht mehr für Fahrräder freigegeben. Die Alternative ist die Fahrt im Mischverkehr auf der Straße, was allerdings aufgrund des erhöhten Pkw-Aufkommens im betroffenen Bereich nicht zu empfehlen ist.

7. Jens-Jessen-Skolen

Zitat Vorlage: „Mehrere Beschwerden der Jens-Jessen-Skolen zu der Mürwikerstraße machen deutlich, dass Schülerinnen und Schüler den neuen Radfahrstreifen nicht benutzen, weil durch die erforderliche Querung vor dem Schulgelände eine erhöhte Unfallgefahr besteht.“

Dieser Satz scheint inhaltlich nicht korrekt zu sein, bzw. ist nicht verständlich. In einem Artikel des Flensburger Tageblatts wird Martin Lorenzen (SSW) damit zitiert, dass es vor der Schule wiederholt zu Konflikten käme, da ungeduldige Autofahrende auf der Fahrradspur überholen. Dies stellt eine klassische Täter-Opfer-Umkehr dar, da das Fehlverhalten einiger weniger Autofahrenden der Radfahrspur angelastet wird und ist nicht nachvollziehbar.


https://flensburg.adfc.de/neuigkeit/faktencheck-beschlussvorlage-zur-muerwiker-strasse

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