Bericht aus dem 14. SUPA

Tim berichtet uns zur Sitzung des 14. SUPA - es geht um den viel diskutierten Radfahrstreifen auf der Mürwiker (s. unser Faktencheck). SSW, CDU und FDP hatten eine Vorlage zum Rückbau eingereicht.

Nach zwei Stunden lehnt sich Bruno zu mir rüber und fragt: „Wie hältst Du das eigentlich immer aus?“ Und Vigo, der vor uns sitzt, dreht sich um und sagt „mit viel Masochismus“. Mir ist eigentlich keine derartige Veranlagung bekannt, aber vielleicht sollte ich mir mal Gedanken machen. Von 16:00 bis 20:15 sitze ich heute im Ratssaal, das ist ein bisschen zuviel des Ehrenamts, aber den politischen Vertretern geht es ja nicht anders. Und die machen das alle 2 Wochen, ich gucke es mir ja nur an, wenn es um Fahrradthemen geht.

Der Tagesordnungspunkt, für den ich heute gekommen bin, ist die Beschlussvorlage von CDU, FDP und SSW. „Rolle rückwärts in die 70er“ könnte man sie nennen, doch Karsten Sörensen (CDU) macht schon in der Präsentation der Vorlage klar, worum es heute geht: Um Polemik. Sie wüssten selbst, dass sie die Maßnahme nicht wegstimmen könnten, es ginge ihnen lediglich um die Prüfung, ob ein Rückbau nicht sinnvoll sei. Was erwarten sie davon? Die Stadtverwaltung kann nichts ohne Prüfung umsetzen. Neue Erkenntnisse wird es somit nicht geben, aber um sich als Macher darzustellen, reicht es.

Auch sonst nimmt man es mit den Fakten nicht so genau. Von Staus bis Glücksburg ist die Rede, 30 Mi.n Fahrtdauerverlängerungen usw. Im Gespräch mit Radfahrenden auf dem alten Radweg sei deutlich geworden, dass sie die Straße aus Angst vor wütenden Autofahrern nicht nutzten und an der Jens-Jessen-Skolen würden Schulkinder gefährdet, da frustrierte Autofahrende die Fahrradspur nutzen. Merkt hier eigentlich niemand, was das eigentliche Problem ist?

Claudia Takla Zehrfeld (Stadt) erklärt, dass sie 2023 ein Verkehrsaufkommen von 18k Pkw/Tag gezählt hätten, wonach eine einspurige Straße ausreichend sei. Erst ab 25k Pkw/Tag werden zwei Fahrspuren pro Richtung nötig. Radfahrer gab es 400/Tag. Das Problem der langen Rückstaus käme durch die defekten Zählschleifen, die erst nach dem Umbau auffielen. Das Problem: Die Telematik-Stelle der Stadt ist bis heute unbesetzt.

Justus Klebe (SPD) kritisiert, dass die Umsetzung nicht mit dem alten Beschluss (SUPA30/2022) übereinstimmt (hatten wir ja schon bemerkt). Auch dass jetzt erst die Ampelschaltung angegangen würde, sei schlechte Verkehrsplanung und führe zu genereller Unzufriedenheit auf allen Seiten. Trotzdem findet er die Vorlage reinen Aktionismus, denn ein Rückbau bringt uns nicht weiter.

Gabriele Ritters (BÜSOS) größter Kritikpunkt ist der Zeitpunkt der Umsetzung. Jetzt, wo der Radverkehr wetterbedingt zunähme, sei das Thema schon kaputt geredet und an der Gefährdungssituation vor der Schule müsse sofort gearbeitet werden.

Thomas Detlefsen (CDU) ist schon vorher negativ durch seinen Ton gegenüber der Verwaltung aufgefallen und redet sich auch hier wieder in Rage. Der Prozess sei großer Mist und wie an der Schule gefahren würde, sei auch Mist. Da hat er Recht, aber ich habe so das Gefühl, dass er dabei keine Poller-Reihe gegen die falschfahrenden Autos im Sinne hat. Aber er ist sowieso schon weit weg vom Thema. Auch die Kreuzung an der Rathausstraße sei Mist und gefährlich (wovon redet er eigentlich?) und es brauche einen neuen Aufschlag, um Positivität in das Thema zu bringen. Er würde bzgl. der Velorouten gerne bei Null anfangen, mit einem Bürgerrat.

Hier ein kleiner Einschub: Das gesamte Veloroutennetz wurde im Rahmen des Arbeitskreis Radverkehr, dem Vorgänger des Ak Masterplan Mobilität unter breiter Bürgerbeteiligung entwickelt. Und ach ja, die CDU stimmte damals auch für den MaMo. Damals ging es allerdings auch etwas sachlicher zu.

Frank Axen (Stadt) gibt zu, dass die Umgestaltung der Mürwiker im Herbst nicht gut gewählt war, aber dass die Verkehrsplanung das Frühjahr mit zunehmendem Radverkehr und reparierten Detektionsschleifen der Ampeln abwarten will.

Bettina Hub (SSW) findet das Gefährdungspotenzial an der Schule nicht akzeptabel. Gerade Fahrradfahrer hätten ihr gesagt, dass sie lieber auf dem alten Radweg statt der Straße fahren, da Autos auf die Radspur ausweichen und sie abdrängen. Wieder diese komische Sichtweise auf Fehlverhalten. Es ist skuril.

Christoph Anastasiadis (FDP) geht sogar noch weiter als Thomas Detlefsen: Der Masterplan Mobilität sei im Ganzen gescheitert, da es für viele Maßnahmen keine Mehrheiten gäbe. Nach seiner Auffassung sollte der Weg zu einem besseren Verkehrskonzept nicht über einen Bürgerrat oder durch viel Bürgerbeteiligung führen sondern nur über die Politik. Es geht gefühlt ewig ohne konkrete Argumente zur Mürwiker hin und her, bis Pelle Hansen (Grüne) das Schlusswort ergreift und das Problem in der eklatanten Missverteilung des Verkehrsraums sieht. Es wurde jahrelang versucht, dort vernünftige Radwege zu installieren, doch dazu seien CDU, FDP und SSW nie bereit gewesen. Sie propagierten immer die vierspurige Stadtautobahn und so hätten wir jetzt die unschöne Situation, dass mit Schutzstreifen gearbeitet würde, der billigsten und ungünstigsten Lösung überhaupt. Er verstehe auch nicht, wie man die Veloroute an dieser Stelle infrage stellen könne. Wo lang solle denn sonst geradelt werden? Wie immer drehe sich die Debatte um das Thema Mobilitätswende verhindern/weiterbringen und die wenigen Erfolge, die es bisher gab, würden kaputt geredet.

Das Abstimmergebnis war wie erwartet:

Dafür: 6 (CDU, SSW)

Dagegen: 4 (SPD, Grüne)

Enthaltung: 0

Was wäre denn jetzt die Alternative? Vermutlich das Freigeben der Fahrspur für die Autos und Radverkehr auf der Straße im Mischverkehr. Herzlichen Glückwunsch, das ist dann wohl christlich-liberale Verkehrspolitik nach dänischem Vorbild. ;o)


https://flensburg.adfc.de/neuigkeit/bericht-aus-dem-14-supa

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