Bundesweite Umfrage zur Zertifizierungspflicht für ADFC TourGuides

Die OG Flensburg protestierte gegen den Beschluss des ADFC Bund-Länder-Rats (BLR), dass ab dem 01.01.2027 nur noch geführte Radtouren vom ADFC veröffentlicht und kommuniziert werden sollen, die von ausgebildeten ADFC TourGuides durchgeführt werden.

Auch wenn es nicht explizit gefordert wird, entspricht der o.g. Beschluss letztendlich der Einführung einer Scheinpflicht, da Ortsgruppen keine Radtouren bewerben dürfen, ohne dass der/die Tourenleiter*in zertifiziert ist.

Dagegen begannen wir als Ortsgruppe im Dezember des vergangenen Jahres einen Protest (s. Artikel zu "Rote Karte für den Bundesverband").

In den erhaltenen Antworten wurden wir darauf hingewiesen, dass es sich um einen demokratischen Beschluss handele, der der Qualitätssicherung diene. Dass es sich um einen formell korrekten Beschluss des Bund-Länder-Rats handelt, zweifelten wir nie an, angesichts des uns erreichenden Feedbacks stellt sich allerdings die Frage, wie sehr der Beschluss die Meinungen der Ortsgruppen repräsentiert.

Deshalb entstand die Idee, die Stimmung an der Basis zu erfassen, so dass wir eine Umfrage bei den ADFC Ortsgruppen und Kreisverbänden starteten. Wir kontaktierten 572 Adressen und stellten ihnen zusammengefasst die Frage:

Wie wird sich eine Scheinpflicht auf Euer Tourenangebot auswirken?

Insgesamt erhielten wir 240 Antworten, was einer Rücklaufquote von 42% entspricht. Die Antworten waren meist sehr ausführlich und wir erhielten einen sehr guten Einblick in die Wünsche und Bedenken der Gruppen. Bedrückend war der hohe Anteil frustrierter Mitglieder, die mit stark rückläufigen Aktivenzahlen und Überalterung kämpfen und das Gefühl haben, „von Oben“ durch neue Hürden weiter in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt zu werden. Wir haben den Eindruck, dass dies für den ADFC zukünftig eine noch weit größere Herausforderung darstellen wird.

Von den Gruppen, die auf unsere Anfrage reagierten, ist die Zahl derer, die negative Auswirkungen auf ihr Tourenangebot erwarten (56%) doppelt so groß als die Zahl derer, die sich von einer Scheinpflicht positive Auswirkungen versprechen (23%). Die Zahl der Gruppen, die die Auswirkungen neutral sehen ist mit 21% relativ hoch, dies sind Gruppen, die keine Radtouren anbieten.

Aus den 240 oft seitenlangen Antworten leiten wir folgendes Fazit ab:

  1. Auch wenn diese Umfrage keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, so zeigt sie doch eine sehr deutliche Tendenz gegen die geplante Zertifizierungspflicht für TourGuides, die eine sehr hohe Frustration in den Ortsgruppen zur Folge hat. Wir empfehlen daher dringend, den Beschluss zu revidieren oder anzupassen.
  2. Es scheint, dass die interne Kommunikation zwischen Landes- und Kreisverbänden/Ortsgruppen deutlich verbessert werden sollte um Stimmungsbilder zu erfassen.
  3. Das Ziel, über eine Zertifizierungspflicht die Qualität der Touren zu steigern ist nachvollziehbar, überzeugt uns als Argument allerdings nicht. Es gibt ausreichend Beispiele (z.B. Kfz Führerschein), dass ein Zertifikat ein Fehlverhalten nicht ausschließt.
  4. Über die Eignung eines TourGuides und damit die Qualität der Touren entscheiden soziale Kontroll-Mechanismen innerhalb der Ortsgruppen.
  5. Ortsgruppen, die sich maßgeblich als Anbieter von Radtouren sehen, setzen die Zertifizierung meistens schon voraus. Für diese Gruppen ergeben sich keine Veränderungen.
  6. Ortsgruppen, deren Mitglieder jeweils nur wenige Touren anbieten und sich dem Tourenangebot nicht primär verschreiben, werden ihre Radtouren entweder aufgeben oder in Interessengemeinschaften auslagern. Das offizielle ADFC Tourenprogramm werden die Gruppen daher massiv reduzieren müssen.
  7. Viele Ortsgruppenvertreter äußern sich negativ über den ADFC Bundesverband („die da oben...“), wir halten dies für ein größeres Problem als die Zertifizierungspflicht.
  8. Viele Mitglieder engagieren sich in ihrer Ortsgruppe um den Radverkehr in ihrem Heimatort zu verbessern. Sich verbandsintern zu engagieren liegt nicht in ihrem Interesse oder würde ihr Zeitbudget übersteigern. Wir haben den Eindruck, dass sich maßgeblich die Befürworter der Zertifizierungspflicht auf Landesebene engagiert haben.
  9. Das Angebot der ADFC TourenGuide-Ausbildung wird von allen Gruppen positiv gesehen.
  10. Viele Gruppen erwarten, dass der ADFC durch den Wegfall von Radtouren mehr Schaden nimmt als durch mögliche Imageverluste aufgrund schlecht ausgebildeter TourenGuides.

Wir empfehlen dringend, nicht am aktuellen Beschluss fest zu halten, der weitreichende, negative Folgen für einen Großteil der ADFC Gruppen mit sich bringt. Als Kompromiss wurden folgende Punkte vorgeschlagen:

  • Es dürfen weiterhin alle Touren angeboten werden, es wird allerdings zwischen normalen Touren und Touren mit Zertifikat („Premium“?) unterschieden. Somit wird gegenüber den Teilnehmern klar kommuniziert, dass es TourGuides mit unterschiedlicher Ausbildung gibt und sie können selbst entscheiden. Ob Touren mit zertifizierten TourGuide dabei bevorzugt werden, ließe sich auswerten.
  • Es gab den Vorschlag, dass der ADFC nicht in Konkurrenz zu anderen Umweltverbänden, die Radtouren anbieten treten sollte, sondern der Sache den Vortritt gibt (Begeisterung für das Radfahren wecken) und sein Radtourenportal weiter öffnet. Der jeweilige Anbieter kann problemlos dabei gekennzeichnet werden, so dass die Verantwortlichkeiten klar sind.
  • Gegen die Vorschrift, dass nur zertifizierte Tourenleiter mehrtägige Radtouren oder Radtouren gegen Entgelt anbieten dürfen, scheint es keine Vorbehalte zu geben.
  • Auch bei großen Teilnehmerzahlen (z.B. ab 20 Teilnehmenden) scheinen alle Verständnis für eine Zertifikatspflicht zu haben.

https://flensburg.adfc.de/neuigkeit/bundesweite-umfrage-zur-zertifizierungspflicht-fuer-adfc-tourguides

Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 190.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können egal, wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die AFDC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied?

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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