Bericht aus dem 91. SUPA
Es herrscht ein biestiger Ton im 91. SUPA. Die Stimmung ist regelrecht hasserfüllt, offenbar sitzt der Frust über das Wahlergebnis bei einigen Mitgliedern tief und entlädt sich dann in Entgleisungen, die ich hier noch nicht erlebt habe.
Unter TOP 3 soll über die Kostensteigerung des Exe-Radwegs entschieden werden, doch es wird zum Fiasko. Vor zwei Jahren wurde das Projekt mit breiter Mehrheit im SUPA beschlossen, doch jetzt führen Entwässerungsprobleme zu einer starken Kostensteigerung und das TBZ schlägt vor, zwei andere Projekte von 2024 auf 2025 zu verschieben um die Gelder dafür frei zu machen. Alles okay, könnte man meinen, wäre da nicht die Sprunghaftigkeit unserer Parteien. Und das, obwohl sich alle die Förderung des Radverkehrs auf die Wahlplakate schreiben...
Die CDU entdeckt ihre Liebe zu Bäumen und findet den Radweg nach einer Probefahrt völlig okay. Konflikte mit Fußgängern sehen sie nicht. Genauso realitätsfern äußert sich der SSW. Auch wenn sie Kopenhagen gerne als leuchtendes Vorbild zitieren, ein ordnungsgemäßer Radweg ist ihnen zu teuer. Somit bleiben SPD und Grüne die einzigen Befürworter des Projekts, denn die restlichen Kleinstparteien sind sowieso immer aus Prinzip dagegen. Flensburg Wählen! empfindet zum Beispiel einen regelkonformen Radweg als überdimensioniertes Millionengrab...
Die Fakten auf einer Reihe:
1. Aktuell haben wir einen kombinierten Rad/Fußweg, auf dem man sich nur im Schritt-Tempo begegnen kann, da seine Breite fern von regelkonform ist.
2. Da es ein kombinierter Rad/Fußweg ist, dürfen Fußgänger nur im Schritt-Tempo passiert werden. 3. Der Radweg ist Teil der Veloroute
3. und muss damit früher oder später sowieso ausgebaut werden.
4. Es geht nicht nur um den Ausbau eines Radwegs, sondern um einen Radweg, einen Fußweg und mehrere Bushaltestellen.
5. Es sind über zwei Jahre etliche Arbeitsstunden diverser Abteilungen der Stadt (Verkehrsplanung, Tiefbau, Naturschutzbehörde, Verkehrsbehörde, TBZ...) sowie Kosten für beteiligte Planungsbüros in das Projekt gesteckt worden.
6. Der Förderbescheid des Landes liegt vor (1,3 Mio EUR), das Projekt sollte jetzt ausgeschrieben werden.
7. Ohne regelkonforme Abmessungen, keine Fördergelder.
8. Die Kosten werden zukünftig immer höher sein als heute.
Unsere Parteien leisten der Politikverdrossenheit mal wieder grandiosen Vorschub, denn die Sprüche auf Wahlplakaten (s.u.) erweisen sich als fromme Lippenbekenntnisse. Wenn es ernst wird, fällt ihnen immer etwas ein. Sogar gegen schlichte, regelkonforme Radwege.
Frank Axen von der Verkehrsplanung macht einen ziemlich entgeisterten Eindruck, als deutlich wird, mit welche Nonchalance hier die Arbeit von Jahren gerade vom Tisch gefegt wird. Er bezweifle, dass er seine Mitarbeiter nach sowas noch motivieren könne.
Stefan Thomsen (Grüne) zieht am Ende die Reißleine und beantragt die 1. Lesung. Bis auf eine Gegenstimme und zwei Enthaltungen wird dem zugestimmt. Das Projekt steht damit bis zum nächsten SUPA auf Pause, aber mit solch einer Politik ist Fortschritt natürlich nicht zu erwarten. Am Ende wird sich die Politik dafür verantworten müssen, viel Zeit und Geld in den Sand gesetzt zu haben.